Das Buch ist neu. Was bedeutet das? Das Buch ist neu für mich und meine persönliche Welt. Oder das Buch ist neu für die gesamte Welt, für alle anderen Menschen und mich dazu. Für wen müssen Bücher neu sein?
Ich schlage das Buch auf. Meine Augen gleiten über die Wörter hinweg, zum ersten Mal, immer weiter, der nächste Satz, der nächste Absatz, die nächste Seite. Ich lasse mich ganz auf dieses Buch ein und tauche hinein in diese Welt.
Wenn ich dieses Buch vor allen anderen lese, ist dann mein Leseerlebnis anders? Wird das Buch spannender, gefühlvoller, anregender und mitreissender, wenn ich weiss, noch kein anderer vor mir hat es gelesen? Oder finde ich ein Buch langweilig, noch bevor ich die erste Seite aufgeschlagen habe, nur weil es schon Millionen vor mir gelesen haben? Muss ich es dann nicht mehr lesen, weil so viele Menschen es schon kennen? Verändert sich das Buch und die Welt in ihm, mit jedem weiteren Leser? Hängt mein Leseerlebnis wirklich von allen anderen Lesern auf dieser Welt ab?
Ein Buch existiert ohne den Leser. Ein Leser ist kein Leser ohne ein Buch. Der Leser bewertet ein Buch als gut, als besonders, als lesenswert, für sich selbst. Das Buch reicht dem Leser die Hand und dieser kann sie annehmen und festhalten. Das Buch und der Leser werden dadurch zu Komplizen, die sich zusammentun für Lesefreude in dieser Welt.
Ein gutes Buch bleibt ein gutes Buch, unabhängig davon, wie viele Menschen es bereits gelesen haben. Es beeindruckt seine Leser immer wieder, jeden Leser einzeln und von Anfang an. Und wenn viele Menschen immer wieder dieser Meinung sind, dann wird dieses Buch ein Klassiker.